Marokko auf dem falschen Fuß
Anfang Januar sind wir mit der Fähre von Genua, entspannter als erwartet, in Marokko angekommen. Da wir von griechischen Fähren einiges gewohnt sind, hatten wir uns schon auf das Schlimmste eingestellt. Wir wurden jedoch äußerst positiv überrascht und fanden uns mit den drei Hundemädels in einer sauberen Außenkabine wieder. Die Überfahrt von Genua nach Tanger Med dauert, laut Fährticket, 50 Stunden mit einem Zwischenstopp in Barcelona. Zu unserer Überraschung legen wir in Genua auf die Minute pünktlich ab, das ist definitiv nicht italienisch und auch nicht marokkanisch. Noch überraschter waren wir, als wir Tanger Med auch noch gute zwei Stunden früher als geplant erreichen.
Mit einigem Chaos, aber doch recht zügig verlassen wir die Fähre, müssen aber mit dem LKW noch durch die Polizei- und Zollkontrolle, hier wird unser gesamtes Auto durchleuchtet. Die ganze Aktion dauert gut zwei Stunden, zu bemängeln gab es bei uns nichts. Daher können wir den Hafen verlassen und in Richtung unseres ersten Übernachtungsplatzes aufbrechen. Bis zum Campingplatz in Chefchaouen sind es noch gute 125 km zu fahren. Eigentlich zu viel für unseren Geschmack, aber wir sind nicht allein unterwegs und folgen der ursprünglichen Planung, die vorsieht in drei Tagen den Hohen Atlas zu überqueren.
Jetzt wissen wir, dass das absoluter Stress ist und für uns, mit LKW, nicht die optimale Planung war. Von Chefchaouen sehen wir nicht viel, wir gehen am Abend essen, sehen die hübschen Gassen der Altstadt nur im Dunklen, am nächsten Morgen brechen wir beizeiten wieder auf, weil die nächste größere Etappe auf dem Plan steht. Was folgt sind zwei stressige Etappen bis in die Todra – Schlucht, wo wir weitere Mitreisende treffen, die mit einem gemieteten Toyota Land Cruiser unterwegs sein werden.
Die folgenden Etappen sollen uns teils auf Asphalt, jedoch mehr auf Pisten nach Osten in Richtung der algerischen Grenze führen. Es stehen nun zwar nicht mehr so viele Kilometer pro Tag auf der Agenda, dafür brauchen wir für die Pistenstrecken natürlich deutlich länger. Die Jungs im Land Cruiser meistern die Strecken schneller und entspannter als wir und müssen immer wieder auf uns warten. Im LKW schwankt man durch jeden Bodenwelle, da ist deutlich mehr Bewegung drin und wir können einfach nicht so schnell fahren, dass wir mit dem Geländewagen auch nur annähernd Schritt halten können. Die Hundemädels krallen sich stundenlang in ihren Körbchen fest, für ausgedehnte Pausen bleibt keine Zeit.
Gefühlt rumpeln wir den ganzen Tag in Schrittgeschwindigkeit über die Piste, um dann kurz vorm Dunkelwerden, völlig k.o., endlich irgendwo ein Nachtlager aufzuschlagen. Das ist nicht unser Tempo! Sowohl für uns als auch für die Hunde ist das deutlich zu stressig, schließlich haben wir Zeit und sind nicht auf der Flucht. Nachdem es uns auf einem anspruchsvollem Stück, mit steilen Auf- und Abfahrten und Verschränkungsstrecken, am zweiten Tag auf Pisten zu viel wird, brechen wir die Tour ab und trennen uns erstmal von den Jungs im Land Cruiser, um uns am folgenden Tag wieder im Erg Chebbi zu treffen. Wir verlassen den anspruchsvollen Teil der Piste und begeben uns wieder auf eine ganz normale, rumpelige Strecke, wo wir beizeiten ein Plätzchen zum Übernachten ansteuern. Wir setzen uns in den Sand, kaspern mit den Hunden, suchen Tierspuren im Sand, beobachten den Sonnenuntergang und entspannen uns. Endlich! Am folgenden Tag fahren wir noch 18 km Piste bis zur nächsten Asphaltstraße und von dort zum Treffpunkt mit den Jungs im Land Cruiser. Wir haben beschlossen ab hier allein weiterzufahren und das Ganze ab jetzt deutlich weniger stressig anzugehen. Wir übergeben noch ein paar Habseligkeiten, die wir bisher transportiert haben und steuern den nächsten Campingplatz an.
Wir müssen Trinkwasser auftanken, Wäsche waschen und brauchen neues Datenvolumen fürs Internet. Außerdem steht für uns definitiv fest nicht weiter nach Mauretanien zu fahren. Noch mehr Sand, Steine und ewig lange mehr oder weniger schlechte Rumpelpisten. Das ist einfach nicht unser Ding. Der LKW kann es, dass wissen wir. Wir haben aber in diesem Maß einfach keinen Bock darauf. Auf dem Campingplatz stellen wir dann noch fest, dass die Halterung unseres Luftfilters verbogen und der Luftfilter locker ist. Bei irgendeiner Verschränkung auf der Piste hat sich das Fahrerhaus vermutlich so gegen den Koffer verwunden, dass der Luftfilter samt Halterung einen heftigen Hieb bekommen hat. Henning muss das Fahrerhaus kippen, den Luftfilter abbauen und die Halterung wieder so gut es geht in ihre ursprüngliche Form zurückbiegen, damit der Luftfilter wieder festen Halt bekommen.
Außerdem galt es noch eine weitere Entscheidung zu treffen. Da wir Mauretanien definitiv abgewählt haben, ist nun eine Menge Zeit gewonnen, die genutzt werden will. Jedoch ist auch für Marokko für uns der Funke nicht übergesprungen und wir verspüren nicht den Wunsch die Zeit bis Ende März hier zu verbringen. Also kurz entschlossen und für die viele Menschen sicher nicht nachvollziehbar, werden wir Marokko Anfang Februar wieder verlassen, die Fähre zurück nach Genua nehmen und von dort auf dem Landweg immer am Mittelmeer entlang nach Griechenland zuckeln. Im östlichen Mittelmeerraum liegt offensichtlich eher unsere Komfortzone, dort fühlen wir uns wohl und die Zeit für die Tour dorthin haben wir allemal, schließlich planen wir erst gegen Ende Juni zurück in Deutschland zu sein. Der Frühling in Griechenland ist mit dem vielen grün, den unzähligen bunten Blüten, blühenden Bäumen und den milden Temperaturen eine Wohltat und bildet farblich das absolute Kontrastprogramm zu Sand, Steinen und Staub.
Die verbleibenden zwei Wochen bis zur Fähre wollen wir aber natürlich noch gut nutzen. Wir drehen allein eine kleine Runde und treffen Bekannte, mit denen wir einige entspannte Tage verbringen.