Offroader – Völlig fehl am Platz!
Nach einigen entspannten Tagen im Süden Albaniens treibt es uns nun langsam wieder Richtung Norden, da wir auch langsam an die Heimreise denken müssen. Wir legen einen Zwischenstopp bei Camping Tirana ein, da man dort hervorragenden Raki kaufen kann, am nächsten Tag machen wir noch eine kurze Bergtour von Kruja nach Burrell durch den Qafe Shtame Nationalpark und wollen dann am Meer übernachten. An der Quelle im Nationalpark, die angeblich das reinste, klarste und gesündeste Quellwasser führt, füllen wir unsere Wasservorräte auf. Am Meer angekommen müssen wir feststellen, dass die Strände sehr gut gefüllt sind und wir hier keine Chancen haben, ein gemütliches und halbwegs freies Plätzchen für uns und unseren dicken Toyota zu finden. Unser Fehler! Wir hatten nicht bedacht, dass Samstag ist und die Albaner ihre freien Wochenenden natürlich gern am Strand verbringen. Es muss ein Plan „B“ her! Wir haben von einem kleinen Campingplatz weiter nördlich in Richtung Shkodra gehört und beschließen dort hin zu fahren. Die vom Navi vorgeschlagene Strecke ist schlechter als jede Bergpiste, die wir bisher gefahren sind. Zerbröselter und teils abgefräster Asphalt ist einfach der Hass! Wir erreichen den Campingplatz am Nachmittag und weil wir und auch die Hunde keinen Bock mehr haben auch nur einen Meter zu fahren, bleiben wir hier, obwohl uns alles ganz spontan so überhaupt nicht zusagt. Der Campingplatz wird von einem jungen Pärchen geführt, die Beiden sind sehr freundlich, nett und komplett bekifft.
Beim Betreten der Sanitäranlagen überkommt einen sofort das Bedürfnis nach einem Bad in Sagrotan. Von den Mitcampern auf dem Platz werden wir auch gleich schräg angeguckt. Wer hier nicht mit einem verrosteten VW-Bus aufschlägt, gehört hier offensichtlich nicht her. Die Camperin aus Leipzig, aus besagten verrostetem VW-Bus, wirft bei Hennings Anblick sofort ihr „Laut gegen Rechts“ T-Shirt über und grüßt nicht einmal zurück, als wir ein freundliches „Hallo“ rüber werfen. Irre, da kommst du mit einem Geländewagen, mit Dresdner Kennzeichen und einem Mann ohne Haare an und die ach so toleranten Nazi-Hasser (zu denen wir im übrigen auch gehören) stecken dich ohne auch nur ein Wort mit dir zu wechseln, nur auf Grund des äußeren Anscheins direkt in die Nazi-Schublade. Da fühlt man sich direkt willkommen! Auch wenn uns die hygienischen Zustände nicht zusagen, sagen wir der Betreiberin zu, am gemeinsamen Abendessen teilzunehmen, da wir keine Lust haben zu kochen und anschließend unser Geschirr in der versifften Küche abzuwaschen. Schließlich haben wir für den Notfall ja noch drei Liter Raki zur Desinfektion unserer Mägen an Bord. Danach trinken wir noch ein Tässchen Sagrotan hinterher, auf diese Weise sollten wir eine realistische Überlebens-chance haben. Damit auch die Hunde, nach der stressigen Autofahrt, etwas Spaß und Abwechslung bekommen, beschließen wir mit den drei Mädels einen Ausflug an den angepriesenen tollen, sauberen, feinsandigen Strand zu machen. Eine mehr als abenteuerliche, fast schon lebensgefährliche Holzkonstruktion (Brücke wäre hier wirklich zu viel gesagt) führt über eine stinkende Lagune mit dunkelgrauem Brackwasser an einen … naja, nennen wir es mal „Strand“… Wir lassen die Hunde baden und verschwinden schnellstmöglich wieder. Wir hoffen wir überleben das Abendessen und der Rest des Tages geht schnell vorbei, damit wir am nächsten Morgen so schnell wie möglich hier wegkommen. Bis zum Abendessen vergeht noch einige Zeit, in der wir versuchen uns die Umgebung und die Location schön zu trinken. Ein schier aussichtsloses Unterfangen.
Als das Abendessen serviert wird, sitzt die „freundliche“ Leipziger-Antifa-Mitcamperin demonstrativ mit dem Rücken zu uns (auch, wenn dass total unbequem sein muss), aber wir sollen ja die rückseitige Aufschrift ihres T-Shirts auch gut lesen können. Dort steht geschrieben „LIEBE STATT HASS“ … sehen wir ganz genauso. Schön, dass sie uns mit ihrem Verhalten uns gegenüber so deutlich zeigt, wie genau sie es mit ihrer eigenen Einstellung nimmt. Wir beschließen uns möglichst nicht mehr darüber zu ärgern und entspannt zu Abend zu essen. Es könnte schließlich unsere letzte Mahlzeit sein. Das Abendessen wird nicht serviert, jeder darf, ganz im Familiensinn, seinen Teller in der Küche selbst abholen. Henning ist so lieb und bringt mir mein Essen mit, damit ich die Küche nicht sehen muss. Das ist auch gut so, sonst hätte ich vermutlich keinen Bissen runter bekommen. Es gibt etwas, dass schmeckt und aussieht, wie eine spanische Gemüsetortilla, eine sehr flüssige Version eines griechischen Tzatziki und gekochte Krabben. Als ich die Krabben sehe, denke ich sofort … „das überleben wir niemals“! Die nette Campingplatzbetreiberin erklärt uns, wie wir an den spärlichen Inhalt der Krustentiere gelangen und wie man ihnen die Beinchen aussaugt. Da sie sich so viel Mühe gibt und wir nicht unhöflich sein wollen, probieren wir beide natürlich von den kleinen Scheißerchen und müssen zugeben, dass sie wirklich gut schmecken, es aber sehr wenig Belohnung, sprich Krabbenfleisch, für einen Haufen Popelei gibt. Henning verputzt zwei der kleinen Krabbler, ich lasse es nach der einen Krabbe gut sein. Auch der Rest der servierten Speisen ist überraschen gut, wir sind satt und verspüren nicht das Bedürfnis mit reichlich Raki nachzuspülen.
Wir verziehen uns wieder zurück zu unserem Camper, trinken uns weiter den Platz schön und beschließen am nächsten Morgen ohne Frühstück und so schnell wie möglich hier weg zu fahren. Nach einer ruhigen Nacht sind wir am kommenden Morgen gegen 8:30 Uhr bereit zum Aufbruch. Leider haben wir es versäumt am Vorabend zu zahlen, somit können wir nicht einfach los. Wir müssen also warten, bis die Betreiber auch endlich aus dem Bett klettern, was zum Glück gegen 9:30 Uhr dann auch der Fall ist. Völlig verpeilt lässt sich endlich jemand sehen, dem wir unser Geld in die Hand drücken können. Wir verschwinden und steuern schnellstmöglich den Campingplatz am Lake Shkodra an, um die dortigen Sanitäranlagen ausgiebig zu nutzen.
Auf dem Weg probiert Henning nochmal aus, was der albanische Polizist zum Überholen im Überholverbot sagt … aber auch dieses Mal haben wir wieder Glück. Wir werden raus gewunken, entschuldigen uns vielmals beim albanischen Schutzmann, der grinst und lässt uns fahren. Bin mal gespannt, wann wir auf einen weniger freundlichen Zeitgenossen von der albanischen Polizei treffen, bisher sind wir immer glimpflich davongekommen.
Was wir von unserem Aufenthalt auf dem Kiffer-Campingplatz mitnehmen ist die Erkenntnis, dass es sich ziemlich beschissen anfühlt aufgrund eines äußeren Anscheins in eine Schublade gesteckt und ausgegrenzt zu werden und das war ja bei uns jetzt nur eine harmlose Kleinigkeit. Andere Menschen erleben offene Ablehnung und Anfeindung in ihrem täglichen Leben immer wieder und müssen damit umgehen und leben. Das gibt uns sehr zu denken und jeder, uns eingeschlossen, sollte im täglichen Leben wesentlich mehr darauf achten, Menschen nicht einfach in Schuladen zu stecken ohne sie zu kennen.